Pizzicato.lu: Supersonic award for Grischuns dal cor
Graubündner Spezialitäten auf dem Plattenteller
Bezüge zu Graubünden oder mindestens der Schweiz bietet jede der Komponenten dieser CD. Sind es bei den Komponisten die eigene Herkunft oder die eines Elternteils, bez. thematische Bezüge, so haben auch Solist und Dirigent und natürlich das Orchester die Nähe zu bieten.
Raffaele d’Alessandro verbindet tonale Harmonik mit aktuellen musikalischen Einflüssen und hat so eine persönliche und verständliche Sprache entwickelt. Die kompakte 2. Symphonie setzt sich aus den Vorspielen seiner unvollendeten Oper Jürg Jenatsch über den Bündner Volkshelden zusammen. Die Burletta von Juon vereint mit Virtuosität in überschwänglichem Ton mehrere Charaktere. Volksmusikalisches trifft auf Walzer und so darf ein Solist diverse technische Anforderungen und auch gestalterischen Qualitäten demonstrieren.
Die schlank besetzte 9. Symphonie von Gion Antoni Derungs, bezeichnet als drei Gedichte für Orchester, entwirft eine Klanglandschaft, die von instrumentalen Soli lebt und mit sanften Farben arbeitet, während der mittlere Satz die Atmosphäre verdunkelt. Für Details sollte sich jeder Zuhörer selber inspirieren lassen. Mit La Partenza nimmt Oliver Waespi Bezug auf die Bündner Volkssage von der Heiligen Margriata, musikalisch in zwei « emotionale Zustände“ (Waespi) umgesetzt. Als Margriata die Alp verlässt, verliert letztere Leben und Fruchtbarkeit, nur Ödnis bleibt.
Energiegeladen, lebensbejahend, schwebend und dräuend, so sind vielleicht die Charaktere der vier Werke jeweils mit einem Wort andeutbar. Die Fokussierung auf Graubünden stellt sich als tragbares Kriterium dar, da hörenswerte Musik erklingt, und nicht unter dem thematischen Bezugspunkt x-beliebiges zusammen gefügt wurde.
Dass den Beteiligten diese Einspielung eine Herzensangelegenheit war, kann man unschwer hören. Die Kammerphilharmonie Graubünden hat in den dreißig Jahren ihrer Aktivität sozusagen alle Ecken des namensgebenden Kantons erkundet und dabei unterschiedlichste Konzertformen erkundet. In diesem für den klassischen Saal gedachten Programm zeigen sie die aus diesen Erfahrungen gewachsene Flexibilität und Bereitschaft, jede Ausdrucksweise umsetzen zu können. Seit rund fünf Jahren leitet Philipp Bach das Ensemble. In dieser Zeit haben sie zu einer fruchttragenden Zusammenarbeit gefunden, die die Sicherheit des gemeinsamen Verständnisses mit der Neugier für Unbekanntes vereint.
Sebastian Bohren schließlich, der vor drei Jahren die großen Bühnen betreten hat, kredenzt in der Burletta ein Solo, dass in Schaumweinlaune badet und virtuos am Piz Bernina Bergluft schnuppert. Scheinbar leichte Kost, kunstvoll serviert.
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